Recht

Recht
recht:
Das gemeingerm. Adjektiv mhd., ahd. reht, got. raíhts, engl. right, schwed. rätt beruht auf einer alten Partizipialbildung zu der idg. Wurzel *reg̑-, »aufrichten, recken, gerade richten«, dann auch »richten, lenken, führen, herrschen«, vgl. z. B. lat. rectus »gerade, geradlinig; richtig, recht; sittlich gut«. Zu dieser Wurzel gehören aus anderen idg. Sprachen z. B. aind. rají-ḥ »sich aufrichtend, gerade«, griech. orégein »recken, ausstrecken«, lat. regere »gerade richten; lenken, leiten; herrschen« (s. die umfangreiche Fremdwortgruppe um regieren, zu der u. a. Regent, Regie, Rektor, direkt, korrekt gehören), regula »gerades Stück Holz, Latte; Richtschnur« ( Regel), regio »Richtung; Gegend« ( Region), regimen »Lenkung, Leitung« ( Regime und Regiment), rex, Genitiv regis »Lenker, Herrscher, König«, rogare »fragen, ersuchen«, eigentlich »‹bittend die Hand› ausstrecken« ( arrogant), air. reg-, rig- »ausstrecken«, rī, Genitiv rīg »König«, mir. rīge »Königreich« (vgl. den Artikel Reich). Aus dem germ. Sprachbereich gehört ferner zu dieser Wurzel die Sippe von rechnen (eigentlich »ordentlich machen«), vermutlich auch die Sippe von geruhen (mit ruchlos und verrucht), die auf einer Bedeutungsentwicklung von »aufrichten, stützen« zu »helfen, für etwas Sorge tragen« beruht. Weiterhin gehört hierher das unter rank behandelte Adjektiv, das auf einer nasalierten Nebenform beruht und eigentlich »aufgerichtet, aufgereckt« bedeutet. – Um das Adjektiv »recht« gruppieren sich die Bildungen gerecht, richten, richtig und 2 Gericht. Das gemeingerm. Adjektiv hatte ursprünglich die Bedeutung »gerade«. Diese Bedeutung hat »recht« im heutigen dt. Sprachgebrauch noch in den mathematischen Ausdrücken »rechter Winkel« und »Rechteck« und in Zusammensetzungen wie »senkrecht, waagerecht, aufrecht«. Aus diesem Wortgebrauch entwickelte sich die Verwendung von »recht« im Sinne von »richtig« und weiterhin im Sinne von »den Gesetzen und Geboten entsprechend, sittlich gut«, beachte das Substantiv Recht (s. u.). Von der Bedeutung »richtig« geht auch die Verwendung von »recht« als Gegenwort zu »link« aus, und zwar bezeichnete »recht« zunächst die rechte Hand, deren Gebrauch allgemein als richtig empfunden wird, während der Gebrauch der linken Hand als ungewöhnlich und nicht richtig angesehen wird, beachte dazu die Substantivierung Rechte »rechte Hand« und »rechter Hand« »auf der rechten Seite«. Das Adverb rechts ist der erstarrte Genitiv Singular des Adjektivs. Zusammensetzungen mit »recht« sind rechtfertigen, ‹sich› »‹sich› vom Verdacht befreien, ‹sich› verantworten« (mhd. rehtvertigen, »ausfertigen; von Schuld befreien, vor Gericht verteidigen; gerichtlich behandeln; bestrafen, hinrichten« abgeleitet von mhd. rehtvertic, älter nhd. rechtfertig »gerecht, gut, ordentlich«, also eigentlich »gerecht, gut machen«; zum zweiten Bestandteil fertig); rechtgläubig (15. Jh.; Lehnübersetzung von griech.-lat. orthodoxus, orthodox), rechtschaffen »tüchtig, ehrlich, ordentlich« (16. Jh., eigentlich »recht beschaffen«, vgl. schaffen), Rechtschreibung (16. Jh.; Lehnübersetzung von griech.-lat. orthographía, Orthografie). Eine westgerm. Substantivierung des gemeingerm. Adjektivs ist Recht »das Richtige, Billigkeit; Anspruch, Befugnis; die Gesetze«: mhd., ahd. reht, niederl. recht, engl. right. Im Nord. ist dagegen eine alte Bildung (tu-Stamm) gebräuchlich, beachte z. B. schwed. rätt »Recht, Gesetz«, die air. recht »Gesetz« entspricht. – Abl.: rechtlich »dem Recht entsprechend, gesetzlich; ordentlich, redlich« (mhd. rehtlich, ahd. rehtlīh). Zus.: Rechtsanwalt (Anfang des 19. Jh.s, für älteres »Advokat«, s. d.; Anwalt); Rechtswissenschaft (18. Jh., für älteres »Rechtsgelehrsamkeit«).

Das Herkunftswörterbuch . 2014.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Recht — Rêcht, ein Nebenwort, welches im Hochdeutschen nicht comparirt wird, und mit dem folgenden Beyworte eigentlich ein und eben dasselbe Wort ausmacht, hier aber, weil beyde mehrere eigene Bedeutungen haben, um der bessern Übersicht willen von… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • Recht — ist, was der Freiheit dient. «Thomas Dehler [1897 1967]; dt. Politiker» Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht. «Marie von Ebner Eschenbach» Es gibt ein Recht des Weiseren, nicht ein Recht des Stärkeren. «Joseph Joubert» Das Recht muß… …   Zitate - Herkunft und Themen

  • recht — recht: Das gemeingerm. Adjektiv mhd., ahd. reht, got. raíhts, engl. right, schwed. rätt beruht auf einer alten Partizipialbildung zu der idg. Wurzel *reg̑ , »aufrichten, recken, gerade richten«, dann auch »richten, lenken, führen, herrschen«, vgl …   Das Herkunftswörterbuch

  • recht — Adj. (Grundstufe) auf der anderen Seite als das Herz liegend, Gegenteil zu link Beispiele: Ich habe mir das rechte Bein gebrochen. Auf der rechten Seite sehen Sie den Dom. recht Adj. (Mittelstufe) für jmdn. oder etw. am besten geeignet, richtig… …   Extremes Deutsch

  • recht — Adj std. (8. Jh.), mhd. reht, ahd. reht, as. reht Stammwort. Aus g. * rehta Adj. recht, gerade, richtig , auch in gt. raihts, anord. réttr, ae. riht, afr. riucht, riocht. Wie gleichbedeutendes l. rēctus, gr. orektós to Partizip zu ig. * reg… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • recht — 1. Ist es Ihnen recht, wenn ich morgen vorbeikomme? 2. Da haben Sie recht. 3. Da muss ich Ihnen recht geben …   Deutsch-Test für Zuwanderer

  • Recht — Sn std. (8. Jh.), mhd. reht, ahd. reht, as. reht Stammwort. Wie ae. riht, afr. riucht, riocht eine Substantivierung des Adjektivs recht. Daneben eine selbständige Substantivbildung aus der gleichen Wurzel ( * rehtu ) in anord. réttr m. und air.… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Recht — Recht, Regel u. Ordnung unter den Menschen über ihre Verhältnisse zu einander, bald mehr dem natürlichen, allen Menschen gemeinsamen Bewußtsein, wie es unter ihnen sein sollte, entnommen (Natur und Vernunft R.), bald concret gestaltet in einem… …   Herders Conversations-Lexikon

  • Recht [1] — Recht (lat. Jus), 1) im objectiven Sinne der Inbegriff der Normen, welche in einem Gemeinwesen als die Ordnung für die äußeren socialen Beziehungen der Individuen unter einander bestehen. Schon die Natur des Menschen bedingt es, daß er, obschon… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Recht [2] — Recht, 1) so v.w. gerade; 2) der Richtung nach mit etwas Anderem übereinkommend; 3) so v.w. passend; 4) der Wahrheit gemäß; 5) der Bestimmung gemäß, gehörig; 6) dem Gesetze gemäß; 7) der Gegensatz von link in allen Bedeutungen; 8) bei Verwandten… …   Pierer's Universal-Lexikon

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”